- Präsidialregierungen in Deutschland
- Präsidialregierungen in DeutschlandEnde März 1930 zerbrach in Deutschland die von einer großen Koalition der demokratischen Parteien gestützte Regierung des sozialdemokratischen Reichskanzlers Hermann Müller an der Unfähigkeit, ein gemeinsames Finanzprogramm zu entwickeln. Nun ernannte Reichspräsident Hindenburg kraft seines Amtes einen neuen Reichskanzler, den Zentrumspolitiker und Finanzexperten Heinrich Brüning. Der Übergang zum Präsidialsystem war vollzogen.Brüning bemühte sich vergeblich um parlamentarische Zustimmung für seine deflatorische, die Sozialausgaben kürzende Politik zur Sanierung des Staatshaushaltes. Nach der vorzeitigen Auflösung des Reichstages regierte er mit Notverordnungen. Die Neuwahlen im September 1930 führten zu einer weiteren Destabilisierung der Republik durch die großen Stimmengewinne der Nationalsozialisten (sie erreichten nun 107 Sitze, 95 mehr als im letzten Reichstag) und auch der KPD (von 54 auf 77 Sitze). Im Reichstag gab es nun keine demokratische Mehrheit mehr. Seit seinem Regierungsantritt verfolgte Brüning das Ziel, die Reparationsverpflichtungen aufzuheben und so den Wünschen der politischen Rechten zu entsprechen. Die unmittelbare Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit wurde vernachlässigt.Am 30. Mai 1932 trat Brüning zurück, als ihm der Reichspräsident das Vertrauen entzog. Die äußerste Rechte hatte sich in der Harzburger Front formiert und den Rücktritt des Kabinetts gefordert. Nach der Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten im April 1932 waren SA und SS verboten worden. Die Ernennung Franz von Papens zum Reichskanzler vollzog sich, wie Brünings Sturz, in Geheimabsprachen im engsten Kreis des Präsidenten. Der Übergang von der immerhin noch parlamentarisch tolerierten Politik der Notverordnungen zu einer reinen Präsidialregierung war erfolgt. Im neuen »Kabinett der Barone« nahm General Kurt von Schleicher als Reichswehrminister eine Schlüsselposition ein. Beide, Papen und Schleicher, suchten nun ein Bündnis mit der nationalsozialistischen Massenbewegung mit dem Ziel, Adolf Hitler zur Mitarbeit in der Regierung zu gewinnen, um ihn einzubinden und zu »zähmen«.Papen hob das SA-Verbot auf und schrieb Reichstagswahlen aus, die zur Folge hatten, dass sich die Anzahl der Sitze der NSDAP erneut verdoppelte. Bei einer erneuten Reichstagswahl im Herbst 1932 musste die NSDAP zwar erstmals Verluste hinnehmen, doch Papens Politik der Entschärfung der nationalsozialistischen Forderungen durch betont nationalistische und autoritäre Regierungspolitik war offenkundig gescheitert.Hindenburg übertrug nun Schleicher am 3. Dezember 1932 die Regierungsgeschäfte. Um der Massenarbeitslosigkeit wirksam begegnen zu können, entwickelte Schleicher ein abenteuerliches, aber nicht aussichtsloses Arbeitsbeschaffungsprogramm, für dessen Verwirklichung er sowohl Sozialdemokraten und Gewerkschaften wie auch den »linken Flügel« der Nationalsozialisten zu gewinnen suchte. Mit seinem Angebot wollte er die NSDAP spalten und Hitler von der Macht fern halten.Sein Plan scheiterte, weil sich ihm die angesprochenen Politiker versagten. Aber nun hatte sich Schleicher bei den Interessenverbänden der Großindustrie, der Großagrarier und des Großbürgertums seiner sozialistischen Pläne wegen verdächtig gemacht. Sie drängten den Präsidenten, Schleicher abzusetzen und Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen, dessen nationale und antimarxistische Einstellung bekannt war. Jetzt gab Hindenburg seine Abneigung gegen Hitler, den »böhmischen Gefreiten«, auf und ernannte ihn am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler.
Universal-Lexikon. 2012.